Unterwegs mit...
Roman Crkon, Küchenchef Hotel- und Naturresort Handeck
Sechs Küchen der Jungfrau Region sind im Gourmet-Guide Gault Millau mit 15 oder mehr Punkten ausgezeichnet worden. Auch jene des Hotel- und Naturresort Handeck. Hauptverantwortlich dafür ist Roman Crkon. Wir haben den 37-jährigen Küchenchef besucht.
Wir sitzen im Restaurant Handeck und geniessen die Vorspeise vom 4-Gang-Genussmenü: Ceviche vom Swisslachs aus dem Bündnerland, steht auf der Karte. Und: Kalamansi-Mandarinen-Sphäre / Apfel-Rucola-Sorbet / Korianderöl / Pistazien-Couscous / Schalotten-Gel / Kräuter aus dem Alpgarten. Eines vorweg: Es schmeckt. Der Name Genussmenü kommt nicht von ungefähr. Wir freuen uns bereits auf die weiteren Gänge. Doch der Reihe nach.
Am Fusse des Grimselpass
Wir fahren von Meiringen in Richtung Grimselwelt. Nach Innertkirchen wird es kurviger. Es ist bedeckt, neblig. Gleich erreichen wir Guttannen. Keine 300 Einwohner*innen zählt das Dorf am Fusse des Grimselpass, aber mit dem Restaurant Handeck verfügt es über eine Spitzenküche. Wobei sich diese nicht direkt im Dorf befindet. Wir fahren noch knapp zehn Minuten weiter. Hier, in unmittelbarer Nähe der Talstation der Gelmerbahn, befindet sich das Hotel- und Naturresort Handeck.
Von der Slowakei in die Schweiz
Der Küchenchef erwartet uns bereits. Roman Crkon stammt aus Povazska Bystrica, ist gebürtiger Slowake. Seine Liebe fürs Kochen kommt nicht von ungefähr. «Mein Vater ist auch gelernter Koch, und so hatte ich schon als Kind einen Bezug zur Gastronomie. Ich habe mich oft in Restaurants und Hotels aufgehalten – und auch immer gerne meiner Oma beim Kochen über die Schultern geschaut», erzählt er uns. Eine weitere Leidenschaft von Roman Crkon ist das Reisen. Und so entschliesst er sich nach der vierjährigen Lehre zum Koch und der Berufsmatura in ausländischen Küchen Erfahrungen zu sammeln. Er landet in der Schweiz. Zusammen mit seiner heutigen Frau Ivana. Seine ersten Stationen sind Laax und Saas Fee, ehe es ihn 2010 ein erstes Mal in die Jungfrau Region verschlägt. Er ist während drei Sommersaisons als Chef de Partie im historischen Alpinhotel Grimsel Hospiz tätig. 2013 erhält er bei Grimselhotels eine Jahresstelle. Nach zwei Jahren wird er Sous-Chef im Hotel- und Naturresort Handeck, 2017 Küchenchef. Im Winter, wenn das Restaurant Handeck geschlossen bleibt, führt er das Küchenteam im Grimsel Hospiz.
«Das Restaurant ist mein Baby»
«Eigentlich wollte ich nur ein, zwei Saisons in der Schweiz bleiben, jetzt bin ich immer noch hier», sagt er – und lacht. Auf die Frage, wo er sich in zehn Jahren sieht, sagt Roman Crkon, ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken: «Genau hier, das Restaurant ist mein Baby.» Auch privat ist er fest im Haslital verankert. Vor zwei Jahren haben der 37-Jährige und seine Frau in Guttannen ein Haus gekauft, gemeinsam haben sie zwei Kinder. Kennengelernt haben sich Ivana und Roman Crkon… in der Gastronomie. «Wir haben in der Slowakei zusammen die Lehre gemacht. Ich als Koch, sie als Restaurantfachfrau.» Bis zur Geburt ihres ersten Kindes war auch Ivana Crkon für die Grimselhotels tätig, als Restaurantleiterin.
«Kochen ist anspruchsvoller geworden»
Beim Gespräch mit Roman Crkon wird schnell klar: Ein Küchenchef muss viele administrative Arbeiten erledigen, ist mehr ausserhalb der Küche als in der Küche anzutreffen. Wobei, bei Roman Crkon stimmt das nur bedingt. Sein Büro befindet sich nämlich mehr oder weniger in der Küche. Zumindest sieht er von seinem Schreibtisch in die Küche – und auch zum Kühlraum und in die Vorratskammer. Zu sehen ist er hier in der Regel erstmals um 8.30 Uhr, wenn die bestellten Waren angeliefert werden. Danach findet ein erstes kurzes Meeting mit dem Küchenteam statt. Der Tagesablauf wird besprochen. Was muss noch produziert werden? Haben sich Gruppen angemeldet? Müssen Allergien berücksichtig werden? «Vegetarisch, vegan, laktosefrei, glutenfrei – Kochen ist anspruchsvoller geworden», sagt Roman Crkon, «darauf muss man sich als Koch einstellen.»
EIN grosses Team
Vom Küchenchef bis zu den Abwaschern – das Team von Roman Crkon besteht aus zehn Personen. Er redet aber nicht gerne vom Küchenteam. Lieber von einem grossen Team. Mit seinen Leuten, den Serviceangestellten, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an der Rezeption – und natürlich auch seinen Chefs, Grimselhotels-Leiter Markus Meier und seine Frau Marianne. Es soll kein gegeneinander, sondern ein miteinander sein. Das ist Roman Crkon wichtig. «Was nützt eine gute Küche, wenn die Serviceangestellten keinen guten Job machen oder die Gäste unfreundlich empfangen werden?» Angesprochen auf seinen Vorgesetzten sagt er: Markus lässt mich machen. Er gibt mir viel Freiraum, vertraut mir.» Und was sagt umgekehrt Markus Meier über sein kulinarisches Aushängeschild? «Roman versteht sein Handwerk und ist ein Experte, wenn es um die Fleischzubereitung geht. Er ist ein ruhiger und besonnener Abteilungsleiter, der seine Ziele nie aus den Augen verliert. Ein leidenschaftlicher und versierter Koch, mit immer wieder neuen kreativen Ideen und mit konstant hohem Qualitätsbewusstsein.»
Doch zurück zum Tagesablauf: Nach dem Meeting müssen neue Bestellungen aufgegeben, Rechnungen bezahlt sowie Dienstpläne und Stundenrapporte erstellt werden. Nebenan wird in der Küche bereits das Essen für die Kantine Handeck der Grimselwelt zubereitet, welche Roman Crkon und sein Team ebenfalls beliefern.
15 Gault-Millau-Punkte
Das abgelaufene Jahr war für das Restaurant des Hotel- und Naturresort Handeck ein Rekordjahr. Dazu beigetragen hat sicher auch die Gault-Millau-Bewertung. Immer Ende September erscheint das neue Ranking. «Da bin ich jeweils schön nervös», gesteht Roman Crkon. Auch im aktuellen Guide wurde seine Küche wieder mit 15 Punkten ausgezeichnet. «Das ist sicher eine gute, positive Werbung, für den Tourismus allgemein. Die Leute merken: Hier passiert was.» Und sein Chef Markus Meier verrät: «Die Qualität im Winter im Alpinhotel Grimsel Hospiz ist mittlerweile sogar auf einem noch höheren Niveau als jene im Sommer im Naturresort Handeck.»
Roman Crkon bezeichnet seine Küche als Feld-, Wald- und Wiesenküche, die stark regional orientiert ist – und die Synergien der Natur nutzt. «Wir verwenden nur Schweizer Produkte, nicht selten aus dem Haslital.» In der Tat: Die Alpsäue und der Käse stammen von der Alp Handeck, die Lämmer vom Wollreich Guttannen, viele weitere Milchprodukte aus der Molki Meiringen. «Es ist eine Ehre, Produkte aus unserer Region zu verarbeiten», sagt er – und nimmt das Wort Berufsstolz in den Mund.
Der Kräutergarten
Bevor wir in die Küche gehen, will uns Roman Crkon noch seinen Kräutergarten zeigen. Als während der Corona-Pandemie das Restaurant geschlossen blieb, hat er diesen umstrukturiert. Von Thymian über Rosmarin, Verbene, Curry – und vielen Blüten. Hier findet Roman Crkon immer etwas Passendes, um seine Gerichte zu veredeln.
Stichwort Corona-Pandemie: Diese hat das Hotel- und Naturresort Handeck verhältnismässig gut überstanden. Der Grund: 80 Prozent der Gäste stammen aus der Schweiz. Darunter auch viele Kinder, «weil wir früher ein Familienhotel waren – und es immer noch ein bisschen sind», sagt Roman Crkon. So wurde zum Beispiel das Kinderbuffet bis heute beibehalten. Auch Hochzeits- und Geburtstagsgesellschaften bekochen Roman Crkon und sein Team regelmässig. Das gibt Planungssicherheit, denn A-la-carte-Gäste buchen eher kurzfristig, sind sehr wetterabhängig.
Action ja, Chaos nein
Das schlechte Wetter ist denn auch der Grund, wieso heute nicht viel los ist. Etwas, das Roman Crkon auf die Dauer nicht mag. «Ich habe gerne Action, sonst wird es mir schnell langweilig», sagt er. «Aber kein Chaos», fügt er gleich an. In der Küche fällt sofort auf, dass hier nicht rumgeschrien wird, im Gegenteil: Es ist still, jeder weiss, was er zu tun hat. «Ich habe nicht gerne Lärm. Mein Team muss schnell, aber ruhig arbeiten.» Er sei ein besonnener Chef, sagt er. Zudem bezeichnet er sich als fair und angenehm. Man nimmt es ihm ab. In der Küche widerspricht bei seinen Worten niemand. Das ist zumindest schon mal ein gutes Zeichen. Sein Team hat er selbst zusammenstellt. «Ich bin ständig auf der Suche nach jungen Talenten.» Oft findet er diese in seiner alten Heimat. Gesprochen werde in der Küche, aber wenn immer möglich Deutsch.
Und am Anfang ist eine Zeichnung
Was macht der Küchenchef am liebsten? «Ich arbeite gerne mit Fisch», sagt er. Und ausserhalb der Küche erarbeite er gerne neue Menüvorschläge. Ja, ausserhalb der Küche. Roman Crkon zeichnet seine Menüs zuerst, ehe er das Gezeichnete in der Küche umsetzt. Er spielt gerne mit den Farben – vom Teller bis zu jeder einzelnen Blüte, die auf eben diesen kommt. «Dabei kann ich meine Fantasie ausleben, das gefällt mir.» Er kommt ins Schwärmen über seinen Job. «Ich kann Leute glücklich machen, das ist mitunter das Schönste an meiner Arbeit.»
Roman Crkon – der Perfektionist
Die Küche im Restaurant Handeck öffnet um 11.30 Uhr. Als wir vorbeischauen, ist das Mittagsgeschäft längst vorbei und es wird allmählich der Abend vorbereitet. Das Fleisch muss zeitig zubereitet werden. Auf dem Herd köcheln eine Erbsen-Linsen- und eine Wiesenkräutersuppe vor sich hin, daneben werden ein Trüffel-Jus und Rosinenschaum zubereitet. Bis vor fünf Minuten hatten wir das Gefühl, nicht wirklich hungrig zu sein, das hat sich jetzt schlagartig geändert. Was auch auffällt. Die Hitze, obwohl im Moment nur vier Personen in der Küche zugegen sind. «Ja, wenn sechs, sieben Leute arbeiten, wir um die 80 À-la-carte-Menüs kochen, dann kann es schon sehr heiss werden», sagt Roman Crkon.
Jeder Teller, der über die Theke geht, wird kontrolliert. Vom Chef höchstpersönlich oder – in seiner Abwesenheit – vom Sous-Chef. Roman Crkon veredelt den Teller noch etwas, wischt hier noch etwas Sauce weg, dekoriert ihn da noch mit einer Blüte. «Ein Perfektionist?», frage ich. «Ja, fast zu sehr», kriege ich als Antwort zu hören. Wobei ein gewisser Perfektionismus ein Gault-Millau-Koch wohl haben muss.
Nach der Arbeit ist vor der Arbeit
Als wir beim Essen sind, wird dieses von den anderen Gästen gelobt. Wenn es von diesen verlangt wird, zeigt sich Roman Crkon in der Gaststube. Auch wenn das nicht zu seinen Lieblingstätigkeiten gehört. «Ich bin eher schüchtern, stehe nicht gerne im Mittelpunkt, bin mir aber bewusst, dass je erfolgreicher ich koche, desto mehr das auch dazu gehört. Daran muss ich noch arbeiten.»
Um 20.30 Uhr nimmt das Restaurant die letzten Bestellungen entgegen. Nachdem diese serviert wurden, ist aber noch lange nicht Schluss. Die Küche muss geputzt werden, eine Temperaturkontrolle findet statt. Dann wird der nächste Tag grob vorbesprochen – und eine To-Do-Liste erstellt. Wir sind zu diesem Zeitpunkt längst auf dem Heimweg. Vollgefressen. Der Ausdruck sei erlaubt. Nach der Ceviche zum Auftakt gab es als Zwischengang einen Guttanner Jänzener Faceplant Gin (Jänzener Schaum / Granit von Aprikosen und Zitronenthymian / Alpenblüten / Prosecco), gefolgt vom Hauptgang Brasato di Manzo (Haslitaler Rind in Spiezer Blauburgunder mariniert und geschmort / Seeländer-Sellerie / Zitronengras und Vanille / Haselnuss / Tomaten-Falafel / confierter Knoblauch / Kardamom-Brombeere / Frühlingslauch-Relish / Sauce Périgueux / Aquarello-Risotto mit Munder Safran und einjährigem Handecker-Alpkäse verfeinert). Und zum Dessert schliesslich eine Mousse au Chocolat (Felchlin «Arriba» Zartbitter Schokolade / Biskuit / Ganache Montée / Schokoladen-Crumble / Kirsch-Sorbet). Auch Hunger bekommen? Dann ab ins Hotel- und Naturresort Handeck oder in eines von vielen weiteren ausgezeichneten Restaurants in der Jungfrau Region. Wir wünschen schon jetzt «Ä Guete!»
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Hotel- und Naturresort Handeck
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Handegg 6
3864 Guttannen
Tel. +41 33 982 36 11
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